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Nachtgebet

Kalter Teer rinnt aus den Fingern in die Tastatur. Die Worte wollen nicht, also zwingt er sie. Eins. Nach. Dem. Anderen. Der erkaltete Kaffee auf der Tischecke schaut zu und seufzt.

Gäbe man ihm doch eine Plattform! Ein Podium! Eine Kanzel, um seine Litanei immergleicher Wahngesänge in wartende Ohren zu gießen! Höret, der Herr hat gesprochen, und ich sage euch, das Ende ist nahe! Denn ich habe das Licht gesehen, und das Dunkel, und was interessiert mich das dazwischen! Höret!

Aber weder Kanzel noch Podium oder Plattform wird ihm bereitet. So bleibt nur die Tastatur. Ihr, die ihr nicht hören wollt – nun müsst ihr lesen! Schwerfällig senkt sich der Finger, dann ein weiterer. Wieder ein Wort niedergezwungen! Er analysiert, er seziert, er exekutiert seinen Feind nach allen künstlichen Regeln. Und nach einigen mehr, denn zu einfach will er es sich auch nicht machen. Denn er ist ja ohnehin schon überlegen! Das weiche Brot auf dem Teller schüttelt nur den Kopf.

Kalter Teer tropft schwarz. Tropfen um Tropfen höhlt sich die Welt, schält sich das Herz und häutet sich der Verstand. Und nicht Erkenntnis wächst, sondern nur das Überbein am Handgelenk.

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Gedicht zum Vatertag

Bitterer Männer schwere Tränen
tropfen kalt auf staubigen Grund.
Niemals blicken sie über die Spitzen
ausgetretener Schuhe hinaus.

Großer Worte große Gesten
verhallen hohl in der Einsamkeit.
So bauen sie mit leeren Händen
Stein um Stein ihr Geisterhaus.

Gedanken zerfressen, umranken besessen
das Opus magnum, die Geisterstadt.
Aus öden Häusern starren seelenlos Augen
stumm und fremd und angsterfüllt.

Alles ändert sich, nur nicht sie.
Alles ändert sich, sie sich nie.
Alles wird anders, sie stehen stumm.
Und prügeln auf toten Leichen herum.

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Cora (v.2)

Weiche Lippen, blaue Augen,
Sanftes Lächeln, treuer Blick.
Lange Beine, lange Wimpern,
Augenaufschlag mit Geschick.

Männer sind ihr schnell verfallen,
Stehen ganz in ihrem Bann,
Cora lacht, winkt ab und geht,
Die schöne Cora ist eine Lady.

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Glücksgefühl

Sie redet nicht gern mit den Schmuddelkindern,
ganz schmutzig und hässlich sind die.
Erst wenn sie sich gewaschen haben,
erst dann beachtet sie sie.

Die Themen von den Schmuddelkindern,
das sind ja ihre so garnicht.
Armut, Arbeit, Angst und Wut,
dabei ruht sie so glücklich in sich!

Die wütenden, tobenden Schmuddelkinder,
mit denen mag sie nicht streiten.
Die haben gar keine Argumente,
die haben nur ihr Leiden.

Nur manchmal denkt sie an die Schmuddelkinder,
und bedauert die armen ein Stück!
Zum Bedauern, da muss man nichts ändern,
vor allem sich selbst nicht, zum Glück.

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Ohne Titel

Für tausend Stürme hieltst du mich,
Dein Blick war salzig blau, und
Als Winde in mir peitschend schrien,
Da wurden deine Augen leer.
Dein Blick zerbrach an mir und starb,
Und meine Hand metallen schwer.

In trägen Wassern treibe ich
Und Klingen schneiden meine Haut.
Auf meinen Lidern schwarzes Blei,
In meinen Venen zäher Teer.
Dein Atem heiß in mir, verbrannt,
Und meine Hand metallen schwer.

Eiserner Geschmack im Mund,
Und eisern schwer mein Geist.
Dann wird es ruhig, ich atme ein,
Mit Hand und Mund und Herz.
Mein Blick wird stumpf und schwarz und rot,
Und silberheller Schmerz.

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Gedicht zum Morgen

Wie glanzvoll der Morgen,
an dem ich erwache.
Durch Seide und Gold
zur Wachheit verführt.

Der Duft weißen Leinens
erweckt mir die Sinne.
Jasmin und Lavendel
erfüllen den Raum.

Gleißende Sonne
berührt meine Zehen
und möchte mich necken,
doch ich liege still.

Gold und auch Perlen,
tiefrote Rubine
fallen zu Boden
und ich liege tot.